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Inseln der Unordnung

Interdisziplinäre Gesprächsreihe und Materialsammlung

In seinem Gesprächsprotokoll „Mich interessiert der Fall Althusser…“aus dem Jahre 1981 hält der Dramatiker Heiner Müller fest:

„[…], daß es Bedürfnisse gibt, die nicht mehr befriedigt werden, weder von der linken Theorie noch – und das ist das Positive – von der Amerikanisierung. Daß dazwischen Reserven sind, Inseln der Unordnung. Die sind wichtig, und daß sie am Leben erhalten, gefüttert und vergrößert werden. Das Problem ist, sobald die Jugendlichen sagen können, was sie erreichen wollen, sind sie schon paralysiert. Ich glaube, in allen diesen Industriegesellschaften ist das gar nicht anders denkbar. Solange eine Kraft blind ist, ist sie eine Kraft. Sobald sie ein Programm, eine Perspektive hat, kann sie integriert werden und gehört dazu.“ („Heiner Müller Material“ herausgegeben von Frank Hörnigk. Reclam. Leipzig, 1989. S. 28f.)

Im Fokus unseres Interesses steht das Ausloten jener „Inseln der Unordnung“, die jenseits von (Partei)Programmen, Trends und Lifestyle, Schubladendenken und sonstigen gefrorenen Strukturen liegen. Uns beschäftigen die Fragen: Wie utopiefähig ist unsere Gesellschaft heute? Und welche "Orte" bieten Freiräume zur Entfaltung von Ideen bzw. fördern neue Denkräume? Ganz im Sinne der Aussage von Heiner Müller:  „Es muss einen Raum geben, wo gedacht wird, ohne Verantwortung.“ Wir möchten uns direkt in die Reibung zwischen Utopie und Realität begeben und verfolgen dabei eine Gesprächsmethode, die versucht, die oben genannte „blinde Kraft“ aufzufangen, ehe sie in Relativierung verpufft.

Ziel ist es, im Gespräch gemeinsam Gedanken zu entwickeln, sich zu ergänzen und bereits Erdachtes auf neue Zusammenhänge anzuwenden. Uns geht es vor allem um den Denkprozess jenseits eines ergebnisorientierten Zwangs: das Gespräch selbst als (Frei)Raum, als „Insel der Unordnung“.